Demokratie
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Demokratie - von der Intoleranz zur Inkompetenz

Das Hauptmotiv für die Durchsetzung der Demokratie war die Auflehnung gegen die Intoleranz der Herrschenden. Auch wenn diese Intoleranz in demokratischen Staaten nicht überwunden ist, fühlen die Bürger sich davon doch nur noch ausnahmsweise ernstlich bedroht.

Das Problem der Intoleranz hat das staatsphilosophische Denken über Jahrhunderte so sehr dominiert, dass darüber einem anderen, mindestens ebenso wichtigen Problem kaum Beachtung geschenkt wurde, nämlich dem Problem der Inkompetenz. Das Unheil aber, das aus politischer Inkompetenz hervorgeht, steht dem Unheil der politischen Intoleranz nicht nach. Selbst Kriege und Terror, die als Manifestationen des Bösen in die Geschichte eingegangen sind, entsprangen zumeist auch der politischen Überforderung und Inkompetenz ihrer Anstifter.

Dieses Inkompetenzproblem ist in der Demokratie nicht gelöst. Die Demokratie bindet politische Macht zu einem gewissen Grad an den Willen der Bürger, aber allein damit legt sie politische Entscheidungen nicht in kompetentere Hände. Sie schützt damit, wie man weiß, z.B. nicht vor irrtümlich ausgelösten Wirtschaftskrisen, vor gewollt oder ungewollt ausgelösten Kriegen, vor fahrlässig zugelassenen Klima- und sonstigen Umweltkatastrophen und vor vermeidbaren Pandemien. Sie schützt auch nicht davor, dass Politik vor dem Anspruch auf soziale Gerechtigkeit versagt oder vor dem kaum weniger wichtigen Anspruch auf politische Sinngebung.

Das Problem der politischen Inkompetenz spitzt sich um so mehr zu, je mehr spezialisierter Sachverstand für kompetente politische Entscheidungen erforderlich wird. In einer Gesellschaft, die in rasantem Tempo komplexer wird, müssten immer mehr Entscheidungen spezialisiertem Sachverstand überlassen werden, aber die bestehende Demokratie kann solchen Sachverstand weder bestmöglich entwickeln noch bestmöglich nutzen. Stattdessen weist sie den herkömmlichen politischen Parteien eine Rolle zu, die diese weniger denn je mit der notwendigen Sachkompetenz ausfüllen können.

Wie es der Aufstand gegen die politische Intoleranz war, der zum Sieg der Demokratie über Autokratie und Monarchie führte, wird es früher oder später einen Aufstand gegen die politische Inkompetenz geben müssen, der über die herkömmliche Demokratie hinausführt.

Voraussetzung hierfür wäre natürlich, dass die Bürger sich tatsächlich als Opfer politischer Inkompetenz fühlen und nicht mehr der Illusion erliegen, mit der Stimmabgabe für eine einzelne Partei oder Person ließen sich alle politischen Übel heilen. Diese populistische Illusion ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einer neuartigen, neokratischen Staatsordnung.

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